von Roland Dunzendorfer I
Die MS Langenzersdorf ist eine moderne Mittelschule nördlich von Wien mit den Schwerpunkten Digitale Kompetenz, Gesundheit und Soziales sowie Wirtschaftsbildung. In jedem Semester muss jeder Schüler und jede Schülerin zumindest zweimal ein Modul in der sogenannten Lernwerkstatt besuchen. Die Lernwerkstatt ist eine vorbereitete Lernumgebung, in der die Schüler:innen der 7. und 8. Schulstufe an unterschiedlichen Themen arbeiten. Ziel ist eine stärkere Individualisierung von Lernen. Durch die Lernwerkstatt wird auch ein fächerübergreifender Unterricht ermöglicht.
Eva Hofbauer, Lehrerin für Physik und Agile Coach (i.A.), hat sich für ihr Modul „Technik im Alltag“ entschieden, Scrum4Schools als Methode einzusetzen. 14 Schüler:innen haben sich dazu angemeldet und erarbeiteten sich in 6 Doppelstunden physikalisches Wissen zu den Themen Feuerlöscher und Brandmelder, Flugobjekte sowie Smartphone. Zusätzlich wurden physikalische Versuche durchgeführt.
Beim Kick-Off im Jänner 2023 wurde Scrum4Schools den Schüler:innen vorgestellt. Anhand der konstanten Weiterentwicklung von Apps ist den Schüler:innen die Scrum-Methode rasch zu vermitteln (s. Kasten). Die Analogie zu Scrum4Schools ist naheliegend, vielleicht sogar die Arbeitsweise der Entwickler der Apps selbst: Jedes Update folgt einem Sprint. In einer Review wird den Schülern nach jedem Sprint Feedback gegeben von Mitschüler:innen sowie von Lehrenden. Das Feedback fließt in die Planung des nächsten Sprints ein und verbessert somit das Lernprodukt.
Der Moment der Stille
Wenn Schüler:innen zum ersten Mal mit Scrum4Schools arbeiten, dann lernen sie neue Gewohnheiten. Nach der Einführung in die Methode kommt die Übergabe des Erkundungsauftrags durch den Lehrer oder die Lehrerin. Im Anschluss werden die einzelnen Lernschritte (z.B. auf PostIts) aufgeschrieben und am Taskboard im Backlog sichtbar gemacht. Danach werden bei einem StandUp die Aufgaben verteilt und jeder Schüler kann damit zu arbeiten beginnen. Vieles davon ist neu:
Man überlegt sich schon vor dem eigentlichen Arbeiten, welche Lernschritte/Aufgaben zu machen sind
Jeder und jede darf/muss sich für eine Aufgabe entscheiden und diese erarbeiten
Es gibt ein Kriterium, nach dem man entscheiden kann, dass diese Aufgabe erledigt ist (Definition of Done, DoD)
Alle Aufgaben werden zu einem (Lern)Produkt zusammengeführt
All das sind neue Gewohnheiten, die erst geübt und verinnerlicht werden müssen.
Für die Lehrer:innen, die hier als Lerncoach agieren, und mich als Begleiter ist die Aufgabe, diese Gewohnheiten einzuführen und ihren Sinn zu erklären bzw. die Reflexion zu begleiten/moderieren. Wenn die Schüler:innen dann ins “Tun” kommen (das, was wir als “Lernen” sehen), wird es plötzlich still. Jeder Schüler hat seine Aufgabe, jede Schülerin, weiß, was zu tun ist. Dieser Moment der Stille löst bei Lehrenden ein neues Gefühl aus: Die Schüler:innen brauchen sie gerade nicht. Eva und ich sitzen im Medienraum der MS Langenzersdorf auf der gemütlichen Coach und genießen den Moment.
Dies ist das erste Scrum4Schools-Projekt für die Schüler:innen der MS Langenzersdorf. Vieles ist neu. Selbstorganisation beim Lernen muss erst „gelernt“ werden. Die Methode bietet einen geeigneten Rahmen dafür. Für die Schüler:innen ist es wichtig, neue Gewohnheiten zu lernen. Nicht die Lehrerin ist für den Inhalt und den Fortschritt beim Erarbeiten des Themas verantwortlich, sondern sie selbst übernehmen Verantwortung. Wenn jemand bspw. wegen Krankheit fehlt, dann lernen sie damit umzugehen, Lösungen zu finden für die entstehende Lücke.
Die Präsentation der Ergebnisse und die Retro am Ende des Projekts zeigen, welche Erfahrungen gemacht und was gelernt wurde.
Im Interview erzählt die kooperierende Lehrerin Eva Hofbauer, wie sie die Zusammenarbeit erlebt hat und warum sie den Fokus auf überfachliche Kompetenzen gerade für Schüler:innen besonders schätzt.
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