von Laura Vollmann-Popovic I
In diesem Interview berichten Prof. Dr. Anja Danner-Schröder und Kathrin Lemm von der RPTU Kaiserslautern über ihre Erfahrungen mit der Einführung agiler Methoden in der Hochschullehre. Zwischen 2022 und 2023 begleitete das Team von Scrum4Schools die beiden dabei. Mit Laura Vollmann-Popovic diskutieren sie die Motivation hinter dem Projekt, die Umsetzung, Herausforderungen und Erfolge sowie zukünftige Pläne.
Laura: Bevor wir inhaltlich starten, würde ich gerne ein bisschen mehr über euch erfahren. Wer seid ihr und was hat euch dazu bewogen, agile Methoden in der Hochschullehre zu nutzen?
Anja: Ich bin seit 2017 Juniorprofessorin für Management Studies an der RPTU Kaiserslautern. Wir arbeiten in unseren Lehrveranstaltungen, gerade im Master, häufig mit Praxispartnern. Über einen Kooperationspartner, ProAlpha, kam die Idee auf, dass unsere Studierenden Case Studies mit agilen Methoden bearbeiten könnten. 2021 haben wir das zum ersten Mal umgesetzt. Die Idee fanden wir so gut, dass wir bei der Stiftung Innovation in der Hochschullehre einen Projektantrag gestellt haben, um Agilität als ganzheitliches Lehr- und Lernkonzept im Studiengang einzuführen.
Kathrin: Ich bin seit Oktober 2022 als Projektmitarbeiterin am Lehrstuhl für Management Studies und direkt in das Projekt "Agile@University" gestartet. Interessanterweise war ich 2021, beim ersten Testlauf, selbst noch Studierende.
Laura: Erzählt doch mal ein bisschen, wie ihr vorgegangen seid, das Semester umzugestalten? Wie war es vorher und was macht ihr jetzt anders?
Anja: Vorher war es eine klassische Vorlesung mit 100 Studierenden im Hörsaal. Parallel gab es eine Übung, in der eine Case Study bearbeitet werden sollte. Bei der agilen Umgestaltung haben wir den Kurs in 14 Teams aufgeteilt. Alle Teams erhielten die Aufgabe, die Fallstudie über den Zeitraum eines halben Semesters in Sprints zu bearbeiten, allerdings nicht gleichzeitig: Sieben Teams arbeiteten die erste Hälfte des Semesters (Oktober bis Dezember 2022) an den Fallstudien, sieben Teams die zweite Hälfte (Januar – März 2023). Als agiles Framework haben wir uns für Scrum entschieden. Bis zu den Weihnachtsferien 2022 durchliefen die Teams zwei Sprints, mit den Treffen Planning, Weekly, Review und Retro. Kurz vor den Weihnachtsferien fand die finale Präsentation der sieben Teams statt.
Kathrin: Unterstützt wurden wir dabei auch noch von zwei Tutor:innen, die als ScrumMaster fungiert und z.B. die Weeklys moderiert haben. Eine von den beiden arbeitet als ScrumMaster bei ProAlpha und kennt sich mit der Materie sehr gut aus.
Laura: Wenn ihr jetzt vorher und nachher vergleicht, welche Veränderung konntet ihr durch das agile Arbeiten bei den Studierenden beobachten?
Anja: Die sind aufgewacht. Ganz klar. Früher wurden es im Laufe des Semesters immer weniger Menschen, die zur Vorlesung kamen. Jetzt haben wir eine echte Interaktion mit den Studierenden und nicht nur mit einem. Es war wirklich wie schwarz und weiß, würde ich sagen. Also ein ganz extremer Unterschied.
Kathrin: Man hat im Briefing schon gemerkt, dass die viel mitgenommen haben von den Methoden. Da hat man auch innerhalb der Teams, bis zum Ende hin, eine riesige Entwicklung gesehen. Im Feedback haben auch viele dann Ideen eingebracht, wie sie das Gelernte jetzt transferieren können, zum Beispiel in ihren Verein.
Anja: Was total interessant war: Wir hatten eine Gruppe, das war unsere „Bauchschmerzen-Gruppe“, die war so schrecklich in der ersten Hälfte des Semesters. Die haben dann aber die beste Retro in der zweiten Hälfte des Semesters hingelegt von fast allen Gruppen. Das war wirklich beeindruckend, wie die sich zusammengerauft haben. Die Studierenden konnten auch unterschiedliche Fähigkeiten zum Einsatz bringen. Eine konnte zum Beispiel unglaublich toll zeichnen, die hat eine wunderschöne Retro gezeichnet. Das ist ein Talent, das sonst in der Uni - wenn man nicht gerade Kunst studiert – eigentlich nirgendwo zum Ausdruck kommt.
Laura: Was wünscht ihr euch denn jetzt für die Zukunft, wenn ihr schaut, was ihr gemacht habt? Wo wollt ihr hin?
Anja: Wir wollen es auf jeden Fall weitertragen und haben auch schon ein paar Kolleg:innen, die in dieselbe Richtung ziehen wie wir. Ich glaube, man muss grundsätzlich mehr Innovation in der Hochschullehre wagen. Die Uni muss sich da grundsätzlich ein bisschen wachrütteln, entstauben. Wir wollen auch uniweit einen Workshop oder eine Schulung anbieten, um das Thema Agilität auch in andere Fachbereiche reinzutragen. Gerade in den technischen Studiengängen ist das aktuell weniger der Fall, und da wollen wir gerne mal anklopfen.
Laura: Ihr beiden, danke euch für das Gespräch!
Das Interview zeigt, wie die Einführung agiler Methoden in der Hochschullehre zu einer deutlichen Verbesserung der Studierendenbeteiligung und des Lernerfolgs führen kann. Die Umstellung von klassischen Vorlesungen auf ein agiles Lehrkonzept mit Scrum-Elementen hat nicht nur die Motivation und das Engagement der Studierenden gesteigert, sondern auch neue Möglichkeiten für kreatives und selbstorganisiertes Lernen eröffnet. Die positiven Erfahrungen haben die Interviewpartnerinnen dazu ermutigt, das Konzept weiterzuentwickeln und in der Zukunft auch auf andere Fachbereiche auszuweiten.
5 Tipps für Lehrer:innen, um mit Scrum4Schools im Unterricht zu beginnen:
Startet mit einem kleinen Pilotprojekt, um Erfahrungen zu sammeln und das Konzept zu testen.
Bildet kleine Lernteams und führt regelmäßige Scrum-Meetings ein (Planning, Weekly, Review, Retro).
Nutzt visuelle Tools wie Taskboards oder digitale Plattformen zur Unterstützung der Teamarbeit.
Fördert die Kreativität der Schüler:innen, indem ihr verschiedene Präsentationsformate zulassen.
Reflektiert regelmäßig mit den Schüler:innen über den Lernprozess und passt das Konzept bei Bedarf an.
Du willst im Unterricht ebenfalls mit Scrum4Schools arbeiten?
Dann komm zu einem unserer Methodentrainings und erfahre, wie du als Lehrkraft deine Schüler:innen mit Scrum4Schools befähigen kannst, in selbstorganisierten Lernteams zu arbeiten. Das Training bietet einen idealen Einstieg in agile Lernformate. Aktuelle Termine findest du auf unserer Homepage.
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Foto von Nathan Dumlao auf Unsplash
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