von Carsten Rasche I
Ein Aspekt, der Scrum so erfolgreich macht, sind die wiederkehrenden Meetings bzw. Treffen. Anwender von Scrum kennen das Daily Scrum, das Review oder die Retro. Aber wie organisieren sich die Schüler:innen eigentlich bei Scrum4Schools? So viel vorab: Die Treffen sind angelehnt an die Originale und nur leicht abgewandelt. Der Einfachhalt halber verwenden wir bei Scrum4Schools deutsche Begriffe. So heißen unsere Treffen in der Schule „Planung“, „Team-Synchronisation“, „Rückschau“ und „Feedbackrunde“.
In Scrum gibt es einen festen Taktgeber: die sogenannten Sprints. Sie umfassen jeweils den Zeitraum, in dem die Schüler:innen einen oder mehrere Teile ihres Lernproduktes anhand der einzelnen Lernschritte erarbeiten und am Ende vor der gesamten Klasse präsentieren. Ein Sprint startet immer mit der Planung. Dieses erste Treffen geht der Frage auf den Grund „Was möchten wir zum Ende eines Sprints fertig haben?“
Sofern zwischen Sprint-Start und -Ende mehrere Schulstunden liegen, findet zwischen Planung und Sprintende noch ein weiteres Treffen, die Teamsynchronisation, statt. Hierbei treffen sich Schüler:innen in ihren jeweiligen Teams und informieren sich gegenseitig über den Fortschritt ihrer Lernschritte. Der Sprint endet mit der Feedback-Runde. Jedes Lernteam stellt der Reihe nach den anderen Lernteams und dem Lerncoach kurz und knapp vor, was es im Sprint erarbeitet hat. Die anderen Lernteams und der Lerncoach geben direkt nach der Vorstellung eines Lernteams Feedback, das wiederum in die Planung für den nächsten Sprint mit einfließt. Der Sprint endet mit der Rückschau (Retrospektive), in der die Lernteams kurz auswerten, was in der Zusammenarbeit bereits gut funktioniert und was das jeweilige Team verbessern kann.
Sobald ihr euch mit den Begriffen vertraut gemacht habt, kann es auch schon losgehen: Die erste Scrum4Schools-Unterrichtsstunde steht an!
Die Einführungsstunde strukturieren
Gerade wenn Schüler:innen noch keinerlei Berührungspunkte mit Scrum hatten, solltet ihr euch zu Beginn Zeit nehmen – idealerweise mindestens eine Doppelstunde. Kurze und praxisbezogene Blöcke sorgen dafür, dass die Schüler:innen Scrum spielend kennenlernen und neugierig auf die kommenden Wochen werden. Am Ende der Einführung haben die Schüler:innen idealerweise einen Überblick, wie das Lernen mit Scrum funktioniert. Zudem bilden sich die Lernteams und das Lernprodukt sowie die Anforderungen an die Unterrichtseinheit, in der mit Scrum gelernt wird, werden festgelegt.
Die Einführung beginnt mit einem Überblick über Scrum – entweder in Kurzform durch den Lerncoach oder in Variante der eigenständigen Informationsbeschaffung durch die Kinder: Hierbei ruft der Lerncoach zu einer Internetrecherche über Scrum auf, die etwa 20 Minuten in Anspruch nimmt. Diese Version ist insbesondere für Kinder und Jugendliche ab etwa 12-13 Jahren geeignet.
Zusätzlich oder als Alternative bietet eine praktische Simulation, wie etwa das Ball-Point-Game, die ideale Basis, um den Schüler:innen die Grundprämissen von Scrum näherzubringen: Die Lieferung von Ergebnissen in kurzen Zyklen und die dazugehörigen Treffen (Planung, Teamsynchronisation, Feedback-Runde und Rückschau). Beim Ball-Point-Game entwickelt eine Gruppe unter der strengen Zeitvorgabe von 15 Minuten und mit speziellen Regeln ein System, um die Bälle innerhalb einer Gruppe zirkulieren zu lassen. Anleitungen findet ihr bei borisgloger consulting und auf der Seite vom Projektmagazin.
Alternativ und bei einem größeren Zeitkontingent (mindestens 1 Stunde) kann man den Scrum-Prozess mithilfe einer Legosimulation kennenlernen, in denen mehrere Teams entweder eine Stadt oder einen Flughafen bauen. (Eine Anleitung findet ihr auf lego4scrum und hier auf Youtube.) Der Vorteil bei der etwas längeren Legosimulation: Hier wird nicht nur der Zyklus der Treffen deutlich, sondern auch die unterschiedlichen Rollen.
Lernziele und -produkt vorstellen
Nach einem ersten Überblick über die neue Methodik stellt der Lerncoach die Lernziele und das Lernprodukt vor. Im Vergleich zu klassischem Unterricht sind Lernsequenzen mit Scrum so angelegt, dass Schüler:innen einen größeren Freiheitsgrad beim Erreichen des jeweiligen Lernziels und im Gestalten des Lernproduktes haben. Ideal sind also Lernziele und Lernprodukte, die sowohl die Bedeutung des Behandelten für die Lernenden aufzeigen und gleichzeitig motivieren.
Ganz wichtig: Die Schüler:innen müssen wissen, was von ihnen am Ende erwartet wird. Dieser Zeitpunkt eignet sich ebenfalls für die Vorstellung des Zeitplans und zur Besprechung der Benotungs- und Bewertungskriterien. Sofern Individualnoten vergeben werden müssen, haben wir gute Erfahrung damit gemacht, wenn sich die Schüler:innen in einem Lernteam zunächst selbst und dann auch gegenseitig benoten und diese Empfehlung der Lehrkraft mitgeben. Die finale Benotung erfolgt dann durch die Lehrkraft. Unsere Erfahrung: Die Schüler:innen schätzen sich gegenseitig und ihre Beiträge zum Erreichen des Gruppenergebnisses in der Regel recht gut ein. Teilweise bewerten sie sich selbst zu streng und die Lehrperson kann durch die eigene Beobachtung korrigieren.
In der Einführungsstunde bilden sich auch die Lernteams. Für den Lernkontext haben wir immer wieder festgestellt, dass kleinere Teams mit rund 4 +/-1 Personen wesentlich besser wirken als etwa die Zusammenstellung von 7 +/- 2 Personen im originären Scrum. So hat jedes einzelne Teammitglied die Möglichkeit, viele und vor allem auch tiefere Lernerfahrungen zu machen. Für die Lernteams gilt neben der kleinen Teamgröße die Grundvoraussetzung: In jedem Team müssen alle Fähig- und Fertigkeiten vorhanden sein, um das Lernprodukt am Ende zu erstellen. Das heißt im Schulkontext häufig, dass sowohl Leistungsstärkere und -schwächere in dem jeweiligen Fach in einem Lernteam sein sollten, um sich gegenseitig zu unterstützen.
Grundsätzlich gibt es drei verschiedene Möglichkeiten, die Lernteams zu bilden: 1) Die Lernteams finden sich selbst, 2) der Lerncoach stellt die Teams zusammen oder 3) der Lerncoach stellt die Teams aus frei gebildeten Zweiergruppen zusammen.
Je nach Klasse kann der Lerncoach hier vorab überlegen, welche Variante ihm passend erscheint und wie viel Freiraum er dabei geben möchte. Ein guter Mittelweg ist die Variante der Zweiergruppen, die dann vom Lerncoach final zusammengestellt werden.
Wie geht es weiter?
Im ersten Teil der Blogreihe beschreibe ich die Grundlagen von Scrum4Schools und die Rolle der Lehrperson. Der zweite Teil gibt Tipps für das Formulieren des Erkundungsauftrags und zeigt, wir ihr mit Lernschritten und Akzeptanzkriterien Struktur schafft. Im nächsten Teil erfahrt ihr alles über das Element der „Lerntafel“ und ich zeige auf, warum jedes Team einen Strukturheld oder eine Strukturheldin braucht.
Alle Beiträge der Blog-Reihe "So führt ihr Scrum4Schools in der Schule ein":
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